Zukunftsmodell: Mensch?

Sep 25 2013

Eine dunkle Halle, Lärm von Maschinen, kaltes Metall - Arbeiter, Öl- und Rußflecken auf der Kleidung - so sieht aus unserer Sicht die Industrialisierung aus, und zahllose negative Eigenschaften betonen dieses Bild noch.
Viele kleine, helle Räume, idyllische Ruhe, warme Schreibtische aus unbedenklichen Kunststoffen - Wissenschaftler, schneeweiße und fleckenlose Kittel - so sieht aus unserer Sicht die Zukunft aus, und zahllose positive Eigenschaften betonen dieses Bild noch.

Alles ist eine Frage des Standpunktes. Die Vergangenheit ist dunkel - früher war vieles schlechter. Doch auch vieles besser. Die Entwicklung der Menschheit kann man am Besten mit einer Reise in Etappen vergleichen: Stetig vorwärts gerichtet, jedoch mit Umwegen - und einem unbekannten (Etappen-)Ziel. Wann eine Etappe beendet ist, erkennt man frühestens kurz vor dem Ziel - so, wie der Schritt von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft durch mechanische Maschinen eingeläutet wurde, so hat der erste PC eine Informationsgesellschaft eingeläutet. Trotz der unbekannten Etappenziele möchte ich hier eine kleine Prognose wagen.

Kurz nachdem eine solche Etappe geschafft wurde, kommen Fragen auf: "Und was ist mit den Menschen?" Als die Industrialisierung fast beendet wurde, war dies die Frage nach ungerechter Machtverteilung und "unmenschlicher" Arbeit. Jetzt, im Informationszeitalter, ist es die Frage nach der Ersetzbarkeit des Menschen: Roboter übernehmen immer mehr die Aufgaben von Menschen. Diese Entwicklung schlägt sich auch in der Bevölkerungszahl nieder: Entwicklungsländer können eigentlich eine durch Versorgungsknappheit gesetzte Schwelle nicht überschreiten, die Bevölkerungszahl wird durch Hunger und Krankheit stark reguliert. Sobald sie zu Industrienationen aufsteigen, explodiert die Bevölkerung dort, weil mit mehr Reichtum und mehr maschineller Produktion eine bessere Grund- sowie medizinische Versorgung möglich ist. Währenddessen entwickeln sich die alten Industrienationen zu Informationsgesellschaften, wo die Bevölkerungsgröße dann gemächlich auf ein minimales Niveau herabsinkt.

Das Schrumpfen der Bevölkerung hat mehrere Gründe: Zum einen ist die soziale Notwendigkeit, viele Kinder als Altersabsicherung zu haben, nicht mehr akut. Zum anderen herrscht eine akute Knappheit an allem, vor allem jedoch eine natürliche Knappheit an Ressourcen, und eine künstliche Knappheit an Arbeit - je weniger Arbeitskräfte existieren, desto mehr Roboter werden benötigt, desto weniger Personen finden Arbeit. Die wirtschaftliche Situation führt indirekt also auch zur Kleinstbevölkerung, bis sich der Mensch - in gewisser Weise - selbst wegrationalisiert hat. Der Schritt zur Minimalgesellschaft ist geschafft.

Wegrationalisiert, oder besser: Wegevolutioniert. Nach dem Prinzip "Survival of the fittest" überleben nur die intelligentesten Bewohner der Minimalgesellschaft. Und an dieser Stelle endet das "Zukunftsmodell: Mensch" - der nächste Schritt ist eine Wiederholung der Geschichte: Eine Gesellschaft steht am Rande der Vernichtung. Aus dieser Gesellschaft bildet sich eine höhere Lebensform heraus - und der Rest verschwindet in den Geschichtsbüchern des neuen Zukunftsmodells... Und hier bricht eine neue, große Etappe an, die weiter ins Ungewisse führt. Oder besser: wieder ins Ungewisse?