"Traditionell" = "verrostet"?

Sep 15 2020

Liebes Internet, ich bin mal wieder genervt. Diesmal von den "traditionellen Medien". Denn diese Medien hängen immer noch am antiquierten Modell der Kundenvergrau... äh... Bindung. Kundenbindung. Doch mal zurück an den Anfang, als ich noch nicht genervt war.

Ich bin gerne informiert, und lese gerne interessante Zeitungsartikel zu irgendwelchen Themen. Nicht täglich, aber oft genug. Heute wollte ich lesen: ein Interview mit Streeck bei der Welt, ein Artikel über Jungautoren bei der Zeit, eine Kolumne über politische Entwicklungen im Kurier, und vielleicht noch eine Reportage über das neue Einkaufszentrum hier um die Ecke in der SZ.

So grundverschieden diese Artikel auch sein mögen, eines haben halle vier gemein: sie verstecken sich hinter einer Paywall. Das ist grundsätzlich gut und fair. Ich lege mir gerne ein Konto bei der entsprechenden Zeitung an, und schalte mir einzelne Artikel gegen eine Einmalzahlung frei.

Wäre 1€ pro Artikel okay...? Für einen Euro bekommst du ein Testabo für einen Monat, danach kostet es <zweistelliger Betrag> monatlich.

Hä, was? Nein, ich will diesen einen Artikel lesen. Mehr nicht. Tut uns leid, einzelne Artikel kannst du bei uns nicht kaufen, aber du kannst ja für einen Euro ein Testabo abschließen. Danach kostet das dann nur <zweistelliger Betrag> pro Monat!

Euer ernst? Ich soll ein Abo abschließen? Für den einen Artikel, den ich lesen will? Ja. Du kannst im Kiosk doch auch nicht sagen "ich will aus der Zeitung diesen Artikel, und aus der den anderen..." Da kauft man doch auch immer die ganze Zeitung.

Ja, genau! Man KAUFT sich EINE Zeitung. Was ihr mir hier vorschlagt, ist ALLE Zeitungen zu MIETEN. Das ist doch was ganz anderes! Aber mit unserem Abo bekommst du immer alle Neuigkeiten.

Alles tendiert zum Abo. Oftmals ist das auch ganz gut: für den Preis einer BluRay bekomme ich ein Netflix-Monatsabo, und kann mir so viele Filme wie ich will ansehen. Komplette Serien kosten auf BluRay gerne mal das vierfache eines Monatsabos. Solange einer dieser Anbieter alles bietet, was ich konsumieren möchte, ist das voll okay. Doch wehe, man sucht etwas bestimmtes. Eh' man sichs versieht, braucht man dann noch ein Abo bei Amazon Prime, eines bei Hulu, bei TVNOW und wie sie nicht alle heißen. Das geht ins Geld, und man beginnt, seinen Konsum nach Anbietern zu sortieren, und diese monatlich zu wechseln. Und solange es nur um reinen Konsum, um "Luxusausgaben" geht, ist das meinetwegen okay.

Doch in dem Moment, in dem es um Information geht, um - im weitesten Sinne - Bildung, erwarte ich eigentlich, dass von den technischen Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird. Auf der Seite von Stiftung Warentest kann ich jeden Test einzeln kaufen, als PDF herunterladen, Ausdrucken, meine Wand damit tapezieren... Doch die traditionellen Medien kommen mit der Schnelllebigkeit und der Wechselhaftigkeit der Millenials und jüngerer Generationen nicht zurecht. Dort ist noch der Gedanke der Kundenbindung verankert. Wenn ich einen Leser habe, muss ich diesen um jeden Preis an mich binden. Die Welt ist hierbei noch extremer: hier wird ein Artikel als Teaser online gestellt. Wer ihn lesen will, muss die Printausgabe kaufen.

Vielleicht bin ich auch unfair, und es ist eher der Tatsache geschuldet, dass diverse Artikel sehr kurzlebig sind. Vielleicht hat man auch nicht verstanden, dass das Verkaufen einzelner Artikel ein spannendes Geschäftsfeld wäre. Nicht nur das: ich bin sogar davon überzeugt, dass vielen Zeitungen aufgrund dessen, dass sie die Option, den Zugang zu einzelnen Artikeln zu kaufen, nicht anbieten, potentielle Kunden eher abschrecken.

Denn ich bin mir absolut sicher: ich gebe lieber bei sechs Zeitungen jeweils 10€ für einzelne Artikel aus, als bei einer 30 für das komplette Angebot, von dem mich gerade mal 10% interessieren, nur um dann auf die Angebote der anderen Zeitungen zu verzichten.

Awareness Lies Within

Apr 16 2019

Now it's official: I'm not human.

How I know? I tried to buy new glasses today. The exact same model I already have, just with adapted lenses (and without damaged coating). The guy in the shop started to laugh and said, no human ever would want that, and that the glasses I'm wearing are "out" and he wouldn't want to sell me such outdated things. New glasses for that old model? Yes, we can do that, but you'll be two weeks without them.

Don't take me wrong, I do actively embrace change. I try to change everything - until I am satisfied. I'm constantly revising my style of coding, rearranging stuff in my flat, changing recipes in order to find the ideal fit. But why change something I'm absolutely satisfied with? Just for the purpose of change? My current model of glasses is perfect. It's made out of thin, unobtrusive black metal. It's almost invisible beneath my black hair, it's lightweight but not too light - and it fits. Why bother settling for something less elegant, something that doesn't have this perfect fit? Why bother to go on an endless quest to find something equally perfect, when some idiot fashionists decided: oh, that doesn't look good anymore, nobody wants that?

Arturo Brachetti held a whole TED talk on the topic "life is change", and I agree with him: without change, individuals can't evolve. And nature, left alone, is in a constant flow of change, everything influencing each other. But there's always a but, and sometimes, it's a big but: humans also need structure, need things that do not change. Structure gives them (remember, I was made inhuman...) safety, and with safety comes the ability to focus. A person who feels safe, who is sure about "I will survive the next day" - such a person can strive for excellence, can focus on their major trait, and change, experiment, improve.

Our whole world is built on change. Everyone embraces change, in one way or another. One follows the latest fashion, another one hunts new and improved gadgets - another person keeps learning about new techniques in arts and music. Noone stays stagnant in every aspect of his or her life, and when I say noone, I literally mean: not a single living human on earth.

At the same time, everyone keeps to their habits in other areas. Be it wearing the same outfit for years and years on, not being able to cope with the latest technology, or watching the Harry Potter movies for the 512th time. Because those habits, they aren't "ticks", they aren't "strangeness", and they most certainly aren't "un-human" or "defects". Those habits are what keep us safe - what keep us "us".

So, if you "love change" - look out for the things you never change, be aware of your anchors. If you "love steadiness" - look out for the things you play with, you experiment with. Don't judge others by your own standards - but take an interest in theirs. Be aware!

Die Crux mit der Crux

Jul 05 2014

"Scheiß Kabel Deutschland," postet jemand auf Facebook. Fünf Leuten gefällt das. Ein anderer wettert: "Hätt' ich mir ja denken können." Zehn Leuten gefällt das.

Da stellt sich mir die Frage: Kenne ich tatsächlich jemanden, der zehn Hellseher kennt? Lernen wir nicht bereits in der Schule, Informationen vollständig und in ganzen Sätzen von uns zu geben? Ich bin mir sicher, liebe N., dass Du einen Grund hast, Kabel Deutschland nicht zu mögen. Vermutlich ist gerade Dein Internetanschluss zusammengebrochen, und Du musst jetzt über das Mobilfunknetz deinen Unmut auf Facebook verbreiten. O., ich weiß, dass Du Dir sehr viel denken kannst. Positives wie Negatives. Aber leider gehöre ich nicht zu den 10 Personen, die in Berlin, Hamburg, München, in Ulm und von Zypern aus mit Dir mitfühlen können, weil sie in geheimen Trainingslagern zu Psionikern ausgebildet wurden und nun telepathisch aus Deinem Gehirn extrahiern können, was genau es ist, das Du Dir jetzt denkst, und noch Minuten zuvor nur hättest denken können, obwohl Du es ja ganz offensichtlich nicht gedacht hast, weswegen es irrelevant ist, ob Du es jetzt denkst oder nicht1.

Mein Aufruf an alle, die ihre kryptischen Botschaften in die Welt hinaus posaunen, ja, sie per Broadcast jedem an den Kopf werfen, der sich nicht schnell genug ducken kann: Erklärt euch, oder lasst es ganz bleiben! In vielen Fällen interessiert es mich - vielleicht kann ich bei dem Problem mit Kabel Deutschland helfen, ich bin technisch nicht ganz so unbedarft, wie man auf den ersten Blick vielleicht meinen mag. Vielleicht kann ich moralische Unterstützung bei präkognitiven Denkansätzen bieten, oder die Präkognition postevental invalidieren2. Aber eben nicht so.

TL;DR: Bitte schreibt nicht nur "ich hab ein Problem", sondern auch welches Problem - oder lasst es ganz!


1 Uff, ich hoffe, dass ich da keinen Fehler gemacht habe. Das verwirrt sogar mich selbst. Und es wird noch schlimmer.
2 Sag ich doch.

Die taz kommentiert: AfD gegen die Presse

Mai 04 2014

Ein kleiner Kommentar zu meiner persönlichen Stilblüte der Woche:

taz.de-Kommentar zu AfD und Pressefreiheit: Der Rauswurf war kein Versehen

 

In meinen Augen liegt der Autor hier falsch. Nur weil der Akteuer die AfD war, wurde hier eben nicht prinzipiell falsch gehandelt. Ich sehe jedes Jahr wie dumm und überzogen die Antifa sein kann1, und ich würde als Partei, die eh schon einen rechten Ruf hat - den ich wohlgemerkt durchaus berechtigt finde, die AfD wirkt teilweise weiter rechts platziert als die NPD - gerade solchen Verdachtsmomenten auch sicherheitshalber nachgehen und die potentiell gewaltbereiten Antifa-Mitglieder von der Veranstaltung verbannen, zumal die Veranstaltung auch von einer Demonstration linksradikaler Aktivisten belagert wurde2. Das hat nichts mit Pressefreiheit und deren Eingrenzung zu tun, sondern etwas mit Sicherheitsbedenken. Der Deckmantel des Journalismus schützt nicht pauschal vor jedem Verdacht, und das ist auch nicht seine Aufgabe: Wer aus triftigem Grund als Gefahr für die Besucher einer Veranstaltung eingestuft werden muss, hat auf dieser Veranstaltung nichts verloren, und die Zugehörigkeit zu einer militanten linksradikalen Gruppierung, die das Gewaltmonopol des Staates per se nicht anerkennt, ist durchaus ein triftiger Grund. Und wem es nicht passt, als "potentiell gewaltbereit" eingestuft zu werden, sollte keine Verbindung zu einer derartigen Gruppierung unterhalten.

Dass insbesondere Fotografen auch gern mal über die Stränge schlagen und entgegen dem Recht am eigenen Bild handeln, ist auch bereits bekannt. Und jeder Journalist fühlt sich - nicht immer zurecht - bestärkt, wenn es um angebliche Neonazis3 geht, und glaubt, allein dieser Vorwurf hebele die Grundrechte aus. Die Pressefreiheit beschränkt sich auf "Personen des öffentlichen Lebens". Gäste der Veranstaltung sind durch das Recht am eigenen Bild geschützt, und wenn sich ein allzu eifriger Fotograf nicht daran hält, darf man ihm zum Schutz der Gäste auch ohne weiteres ein Veranstaltungsverbot erteilen.

In conclusio: "größtenteils harmlos". Hätte das beispielsweise die CDU so gemacht, wäre das gar kein Problem gewesen, und die Zeitungen hätten womöglich statt gegen die Partei gegen diese dreisten Journalisten gewettert. Oder: wer die Macht will, braucht seiner Beschreibung nicht zu spotten.

 


1 Auf dem WGT werden "military style" Goths und Besucher von Industrial-Konzerten pauschal als Nazis deklariert. An Industrial-Locations vorbeifahrende Trams werden mit Backsteinen beworfen, und Pöbeleien und Angriffe der Antifa auf friedliche Treffenbesucher sind nicht gerade das, was man eine Ausnahme nennen könnte.
2 Dazu fand ich bei YouTube folgendes Video: AfD Veranstaltung Bremen 30.04.2014
3 Jeder Neonazi ist "rechts", aber nicht jeder "Rechte" ist ein Neonazi. Man kann auch ohne nationalsozialistische Ideale "rechts" sein. Sieht man sich beispielsweise das Parteiprogramm der AfD an, zeigt dieses zwar durchaus starke separatistische Züge und eine streng konservative Haltung, nähert sich dem nationalsozialistischen Kernaspekt der allumfassenden staatlichen Kontrolle allerdings nicht stärker als z.B. die Linkspartei.

Zukunftsmodell: Mensch?

Sep 25 2013

Eine dunkle Halle, Lärm von Maschinen, kaltes Metall - Arbeiter, Öl- und Rußflecken auf der Kleidung - so sieht aus unserer Sicht die Industrialisierung aus, und zahllose negative Eigenschaften betonen dieses Bild noch.
Viele kleine, helle Räume, idyllische Ruhe, warme Schreibtische aus unbedenklichen Kunststoffen - Wissenschaftler, schneeweiße und fleckenlose Kittel - so sieht aus unserer Sicht die Zukunft aus, und zahllose positive Eigenschaften betonen dieses Bild noch.

Alles ist eine Frage des Standpunktes. Die Vergangenheit ist dunkel - früher war vieles schlechter. Doch auch vieles besser. Die Entwicklung der Menschheit kann man am Besten mit einer Reise in Etappen vergleichen: Stetig vorwärts gerichtet, jedoch mit Umwegen - und einem unbekannten (Etappen-)Ziel. Wann eine Etappe beendet ist, erkennt man frühestens kurz vor dem Ziel - so, wie der Schritt von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft durch mechanische Maschinen eingeläutet wurde, so hat der erste PC eine Informationsgesellschaft eingeläutet. Trotz der unbekannten Etappenziele möchte ich hier eine kleine Prognose wagen.

Kurz nachdem eine solche Etappe geschafft wurde, kommen Fragen auf: "Und was ist mit den Menschen?" Als die Industrialisierung fast beendet wurde, war dies die Frage nach ungerechter Machtverteilung und "unmenschlicher" Arbeit. Jetzt, im Informationszeitalter, ist es die Frage nach der Ersetzbarkeit des Menschen: Roboter übernehmen immer mehr die Aufgaben von Menschen. Diese Entwicklung schlägt sich auch in der Bevölkerungszahl nieder: Entwicklungsländer können eigentlich eine durch Versorgungsknappheit gesetzte Schwelle nicht überschreiten, die Bevölkerungszahl wird durch Hunger und Krankheit stark reguliert. Sobald sie zu Industrienationen aufsteigen, explodiert die Bevölkerung dort, weil mit mehr Reichtum und mehr maschineller Produktion eine bessere Grund- sowie medizinische Versorgung möglich ist. Währenddessen entwickeln sich die alten Industrienationen zu Informationsgesellschaften, wo die Bevölkerungsgröße dann gemächlich auf ein minimales Niveau herabsinkt.

Das Schrumpfen der Bevölkerung hat mehrere Gründe: Zum einen ist die soziale Notwendigkeit, viele Kinder als Altersabsicherung zu haben, nicht mehr akut. Zum anderen herrscht eine akute Knappheit an allem, vor allem jedoch eine natürliche Knappheit an Ressourcen, und eine künstliche Knappheit an Arbeit - je weniger Arbeitskräfte existieren, desto mehr Roboter werden benötigt, desto weniger Personen finden Arbeit. Die wirtschaftliche Situation führt indirekt also auch zur Kleinstbevölkerung, bis sich der Mensch - in gewisser Weise - selbst wegrationalisiert hat. Der Schritt zur Minimalgesellschaft ist geschafft.

Wegrationalisiert, oder besser: Wegevolutioniert. Nach dem Prinzip "Survival of the fittest" überleben nur die intelligentesten Bewohner der Minimalgesellschaft. Und an dieser Stelle endet das "Zukunftsmodell: Mensch" - der nächste Schritt ist eine Wiederholung der Geschichte: Eine Gesellschaft steht am Rande der Vernichtung. Aus dieser Gesellschaft bildet sich eine höhere Lebensform heraus - und der Rest verschwindet in den Geschichtsbüchern des neuen Zukunftsmodells... Und hier bricht eine neue, große Etappe an, die weiter ins Ungewisse führt. Oder besser: wieder ins Ungewisse?